„Klack.“ Ein dumpfer Ton hallt über das Hafenbecken. Es ist das Zeichen dafür, dass eine neue Wasserprobe entnommen wurde. Ein zylinderförmiges Glasgefäß taucht in die Tiefe, ein Metallstück wird runtergelassen und verschließt das Probenahmegefäß, und in wenigen Sekunden ist das Wasser aus dem Hafenbecken in der Flasche. Es ist eine von vielen Proben, die die Niedersachsen Ports (NPorts) im Rahmen des vom Bundesministerium für Verkehr geförderten Forschungsprojekts NIMBUS an ihren verschiedenen Nordseehäfen und dem Rostocker Ostseehafen zieht. Projektpartner sind die Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Helmut Müller GmbH. Ziel des Projekts: die Lebensdauer von Spundwänden verlängern – mit Wissenschaft, Innovation und einer Portion Kreativität.
Messstart an den Spundwänden
An 15 Hafenstandorten verwaltet NPorts rund 28 km Umschlagskajen und 12 km Ufereinfassungen aus Spundwandbohlen. Die Lebensdauer dieser Infrastrukturen ist durch Korrosion stark beeinträchtigt. Viele der Spundwände erreichen ihre geplante Nutzungsdauer von 50 bis 80 Jahren nicht, was zu erhöhten Kosten und Risiken führt.
In den kommenden Wochen nimmt ein NPorts-Team systematisch Wasser- und Materialproben an ausgewählten Spundwänden in Emden, Cuxhaven, Brake, Wilhelmshaven, Stade, Norddeich, Bensersiel und einigen Inselhäfen sowie im partnerschaftlichen Ostseehafen Rostock. Die Wasserproben werden in der Regel in vier verschiedenen Tiefen gezogen: nahe der Oberfläche, am Grund und dazwischen. Mit einer Multiparameter-Sonde werden noch vor Ort sogenannte Grundparameter wie pH-Wert, Temperatur, Leitfähigkeit und Sauerstoffgehalt gemessen. Für ein noch präziseres Bild werden die Wasserproben im Labor analysiert, etwa auf ihre Oxidierbarkeit, den Nitratgehalt, den Phosphorgehalt und die abfiltrierbaren Stoffe. All diese Messwerte und Informationen werden gesichtet und mit speziellen Funktionsmodellen bzw. aufwändigen empirischen Formeln vom Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF ausgewertet. Hierdurch werden die Einflüsse auf die Korrosionsart und die Abrostungsgeschwindigkeit für Spundwände für unterschiedliche Hafenstandorte ermittelt. Aus diesen Ergebnissen sollen die Prognosen für die Restlebensdauer der Hafenbauwerke erstellt werden.
Neben den Wasserproben steht auch das Material der Spundwände selbst im Fokus. Dazu wird eine kleine Bohrung direkt in die Spundwand vorgenommen. Die entnommene Probe geht an das Fraunhofer LBF, wo sie im Detail untersucht wird: Mit einer speziellen Analyse wird die chemische Zusammensetzung des Stahls ermittelt. Außerdem schauen die Fachleute unter dem Elektronenmikroskop, ob sich die innere Struktur des Metalls verändert hat und somit auch die Materialeigenschaften. Das entstandene Bohrloch wird nach der Entnahme selbstverständlich wieder verschlossen.
„Wir wollen verstehen, welche Einflüsse das jeweilige Hafenmilieu auf die Spundwände hat und wie sich das über das Jahr hinweg verändert“, erklärt Martina Ritter. Zwei Wasser-Messkampagnen sind geplant: im Sommer sowie im Winter. Das erlaubt saisonale Vergleiche.
Das NPorts-Forschungsteam besteht aus Fachleuten der beiden Bereiche Bauwerksprüfung & Instandhaltungsmanagement sowie Nachhaltigkeit & Innovation. Unterstützt von einem Bootsführer arbeiten sie Hand in Hand: Während ihre Kollegen die Messtiefen berechnen und die Wasserproben nehmen, führt Ritter die Messungen im Wasser durch. „Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team. Jeder weiß, was zu tun ist“, berichtet Ritter. „Nur die Planung im Vorfeld fühlt sich aufgrund der unvorhersehbaren Wettersituation manchmal wie ein Tetris-Spiel an“, schmunzelt sie.
Schutz vor Korrosion
Im weiteren Projektverlauf wird zudem gemeinsam mit der Helmut Müller GmbH ein Testfeld am NPorts-Standort in Emden errichtet. Dort sollen verschiedene neuartige Nachbeschichtungen und Reparaturverfahren zur Ertüchtigung der Spundwände erprobt werden. Wie gut schützen sie vor Korrosion? Wie wirkt sich das Hafenmilieu auf sie aus?
Bildtexte:
Martina Ritter und Carsten Didi nehmen eine Wasserprobe in Emden – zu Demonstrationszwecken nicht vom Boot, sondern vom Steg aus. (Bild: Ziegeler/NPorts)
Bei der In-situ-Messung bestimmen Martina Ritter und Carsten Didi die Grundparameter wie pH-Wert, Temperatur, Leitfähigkeit und Sauerstoffgehalt des Wassers – zu Demonstrationszwecken nicht vom Boot, sondern vom Steg aus. (Bild: Ziegeler/NPorts)