Cuxhavens digitales Auge: SmartKai-Folgeprojekt bringt Hafenassistenz auf neues Level

Cuxhaven |

Niedersachsen Ports installiert gemeinsam mit der Marivation GmbH ein digitales Assistenzsystem, das präzise Lagebilder von Schiffen im Hafen liefert. Die Technologie macht Schiffsmanöver sicherer und hilft, Havarien besser auszuwerten.

Begutachteten beim Ortstermin gemeinsam Montagepunkte, Sensorgehäuse und Verbindungslösungen, um sicherzustellen, dass alles nach Plan installiert ist: SIDAS-Projektleiter Jürgen Höpcke (von rechts), Sebastian Jandeisek und Martina Ritter von NPorts sowie Marvin Bathmann von der Marivation GmbH. (Bild: Chiara Hahn/NPorts)

Ein Frachtschiff versucht, bei starkem Wind in Cuxhavens Amerika-Hafen einzulaufen. Die starke Elb-Strömung beeinflusst den Kurs, Nebel zieht auf, Sichtverhältnisse verschlechtern sich. Dennoch gelingt das Manöver fehlerfrei – dank eines präzisen digitalen Lagebilds, das ein Assistenzsystem in Echtzeit liefert. Das nautische Personal auf der Schiffsbrücke sieht genau, wie weit das Schiff noch von der Kaje entfernt ist, und kann Kurs- oder Geschwindigkeitskorrekturen vornehmen.

Genau für solche Situationen setzt Niedersachsen Ports (NPorts) das Projekt SIDAS (Smart Infrastructure for Digitalization and Safety – Intelligente Infrastruktur für Digitalisierung und Sicherheit) um. Es handelt sich um das Nachfolgeprojekt des bereits erfolgreich abgeschlossenen Projekts SmartKai. Beim jüngsten Ortstermin haben NPorts-Projektleiter Jürgen Höpcke, Sebastian Jandeisek aus dem Bereich Technik und Martina Ritter aus dem Bereich Nachhaltigkeit und Innovation gemeinsam mit Marvin Bathmann von der Oldenburger Marivation GmbH die bereits installierten Systemkomponenten in Augenschein genommen und ihre Funktion überprüft.

Vom Prototyp zur professionellen Lösung

„Im Projekt SmartKai haben wir den Nutzen eines Anlegeassistenzsystems für uns erkannt und möchten solch ein System künftig nutzen, um Havarien zu vermeiden oder sie für den Ernstfall aufzeichnen zu können“, erklärt Jürgen Höpcke. Das DLR-Institut für Systems Engineering für zukünftige Mobilität, damaliger SmartKai-Projektpartner, arbeitete nach Projektende an dem System weiter und vertreibt es nun unter der Ausgründung Marivation GmbH.

SmartKai nutzt modernste LiDAR- und Radarsysteme, ergänzt durch Umweltsensoren zur Erfassung von Strömungs-, Wind- und weiteren relevanten Wetterdaten. Die gewonnenen Informationen werden systematisch aufbereitet, in einer zentralen Softwareplattform zusammengeführt und nutzerfreundlich visualisiert. NPorts hat die Ausstattung von vier unterschiedlichen Erprobungsbereichen geplant: Stromliegeplätze für RoRo-Verkehre, Hafeneinfahrten, Stichhafen mit Liegeplatz und Schleusenzufahrt.

Am damaligen Assistenzsystem hat sich zugunsten der Robustheit, der Energieeffizienz und der Präzision einiges geändert. Folgende technische Neuerungen beinhaltet die Installation im Hafen:

  • Aufbau einer Glasfaserinfrastruktur, die höhere Datenübertragungsraten und -geschwindigkeiten gewährleistet, zudem wird die Störanfälligkeit minimiert sowie ein Datennetzwerk auch für andere Anwendungen zur Verfügung gestellt. 
  • Hocheffiziente Sensorik: Der Energiebedarf sinkt von ca. 250 W auf nur noch etwa 30 W ohne Leistungsabstriche.
  • Kompaktere Bauweise: Die Sensoren sind nur noch etwa ein Drittel so groß wie ihre Vorgänger.
  • Die Sensoren können Objekte in bis zu 250 Metern Entfernung erfassen. 
  • Fixe Optiken mit elektronischer Steuerung: Anstelle rotierender Spiegel wird das Licht elektronisch gestreut, sodass der Lichtimpuls in verschiedene Richtungen gelenkt werden kann.
  • Das System dokumentiert automatisch jedes Manöver und erstellt im Schadensfall einen Unfallbericht.

Havarieanalyse und Sicherheit

Ein Vorteil von SmartKai ist nicht nur die Havarieprävention, sondern auch die Havarieaufklärung. Zwischen 2010 und 2019 sind in Cuxhaven beispielsweise insgesamt 37 Havarien dokumentiert worden, mit Schadensbeträgen von wenigen Tausend Euro bis weit in den sechsstelligen Bereich. Es kam auch vor, dass Schäden auf den ersten Blick nicht erkannt worden sind und die Schuld nicht immer rechtssicher nachgewiesen werden konnte.

Im Projekt SIDAS wird NPorts diese Auswertungsmöglichkeiten systematisch vorantreiben: Mit präzisen Bewegungsdaten, Kursverläufen und Positionsinformationen lassen sich Havarien nicht nur rekonstruieren, sondern frühzeitig Warnungen ableiten. Das System kann erkennen, ob ein Manöver noch korrigierbar ist oder eine kritische Annäherung stattfindet. So können das Port Office und Schiffsführende augenblicklich reagieren.

Zeitplan, Förderung und Perspektive

Der Aufbau der Infrastruktur ist bis Anfang 2026 vorgesehen, anschließend folgt ein kontrollierter Probebetrieb. Das Projektvolumen beläuft sich auf etwa eine Million Euro, rund 80 Prozent werden durch das Bundesministerium für Verkehr im Rahmen des Förderprogramms DigiTest (Digitale Testfelder in Häfen) gefördert. Der Systemaufbau soll bis Juni 2026 abgeschlossen sein. Marivation liefert die Systemkomponenten und Sensorik. NPorts ist verantwortlich für die infrastrukturelle Umsetzung: Halterungen, Leerrohre, Kabelverlegung.

Das Projekt hat international Aufmerksamkeit hervorgerufen, Anfragen zu Funktionen und Vorteilen des Systems kamen zum Beispiel aus Indien und Brasilien. Oft handelt es sich um Beratungsfirmen, die Digitalisierung in Hafenprojekten begleiten. Besonders stark frequentierte Häfen wie Mumbai sind interessiert an robusten digitalen Lagebildern.

 

Bildtexte:
Begutachteten beim Ortstermin gemeinsam Montagepunkte, Sensorgehäuse und Verbindungslösungen, um sicherzustellen, dass alles nach Plan installiert ist: SIDAS-Projektleiter Jürgen Höpcke (von rechts), Sebastian Jandeisek und Martina Ritter von NPorts sowie Marvin Bathmann von der Marivation GmbH. (Bild: Chiara Hahn/NPorts)

Setzen auf das Assistenzsystem SmartKai zur Vermeidung von Havarien: SIDAS-Projektleiter Jürgen Höpcke und Martina Ritter von NPorts. (Bild: Chiara Hahn/NPorts)

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